A3: Die europapolitischen Forderungen des Landesjugendring Niedersachsen e.V. zur Europawahl 2024
Antragstext
Junge Menschen sind von europäischer Politik unmittelbar betroffen.
Entscheidungen, die heute getroffen werden, beeinflussen ihr gesamtes Leben. In
der Jugendarbeit und in Jugendverbänden werden Themen diskutiert, die
europaweite Relevanz haben. Daher fordert der Landesjugendring mit seinen
Mitgliedsverbänden von den niedersächsischen Kandidierenden sowie den neu
gewählten Abgeordneten des Europäischen Parlaments(EP):
Demokratie in Europa schützen!
Seit einigen Jahren ist ein deutlicher Rechtsruck in Europa feststellbar. Nicht
nur im Europäischen Parlament sind rechtsnationale und rechtsextreme Parteien
vertreten, auch durch die nationalen Regierungen einzelner Mitgliedsstaaten geht
eine Gefahr für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit der EU aus. Der
Landesjugendring Niedersachsen e.V. fordert die demokratischen Kandidierenden
für das Europäischen Parlament dazu auf, sich demokratiefeindlichen Bestrebungen
entschieden entgegenzustellen und sich klar von antidemokratischen
Mitkandidierenden zu distanzieren.
Es ist zudem unerlässlich, dass Minderheiten und benachteiligte Gruppen vor
Angriffen geschützt und in ihren Forderungen unterstützt werden. Die zukünftigen
Abgeordneten des EP müssen entschlossen gegen rechtsextremistische Strömungen
und Gruppierungen eintreten, und demokratische zivilgesellschaftliche
Organisationen verstärkt finanziell fördern.
EU-Gremienstrukturen müssen einer kritischen Prüfung unterzogen werden, damit
Blockadehaltungen einzelner Staaten im Europäischen Rat nicht zum Scheitern von
demokratisch entwickelten Gesetzesvorhaben des Europäischen Parlaments führen.
Das Vertrauen in die Demokratie muss gestärkt werden und darf nicht durch
Einzelpersonen gefährdet werden.
Europäische Union jugendgerecht gestalten!
Der Landesjugendring Niedersachsen begrüßt, dass zur diesjährigen Europawahl das
Wahlalter auf 16 Jahre abgesenkt wurde und so mehr junge Menschen mitbestimmen
dürfen. Wir unterstützen die Forderung des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR),
das Wahlrecht ab dem 16. Lebensjahr europaweit festzulegen[1]. Perspektivisch
sollte das Wahlalter jedoch europaweit auf 14 Jahre abgesenkt werden, damit der
jungen Generation eine ernstgemeinte Beteiligung zuteilwird. Unabhängig von
Wahlen muss eine strukturelle Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an
politischen Prozessen vor Ort verstärkt werden. Wir fordern die künftigen
Abgeordneten des EP daher dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass eine
Beteiligung junger Menschen in Förderprogrammen stärker verankert wird. Zudem
schließen wir uns der Forderung des DBJR an, dass Jugendverbände und Jugendringe
stärker in europäische Prozesse eingebunden und sie verstärkt als
Interessenvertretung angehört werden[2].
Klimagerechtigkeit umsetzen:
Die Klimakrise ist ein Thema, das viele junge Menschen beschäftigt und sorgt.
Wir fordern von den künftigen Abgeordneten des EP, sich verstärkt für die
Umsetzung von Klima- und Umweltschutzmaßnahmen einzusetzen und die vereinbarten
Ziele (wie das Pariser Klimaabkommen) einzuhalten. Dafür ist ein verstärkter
Ausbau von erneuerbaren Energien sowie eine stärkere Förderung dieser
unerlässlich. Auch ein Ausbau des öffentlichen Personennah- und Fernverkehrs ist
dafür notwendig. Mobilität muss zudem bezahlbar sein, um eine attraktive
Alternative zum Individualverkehr darzustellen und für alle Menschen zugänglich
zu sein.
Klimapolitik muss Handlungspolitik sein und darf nicht zu Technologiepolitik
werden. Die technischen Lösungen zur Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen und
Ziele sind bereits vorhanden. Scheindebatten über „Zukunftstechnologien“ sind
daher nicht zielführend und verzögern so das aktive Handeln für den Klimaschutz.
Die Maßnahmen zur Umsetzung der Klimaziele müssen sozial gerecht sein – für alle
Menschen weltweit. Der globale Süden leidet besonders unter dem Fehlverhalten
der großen Industrienationen, bei denen die EU eine wichtige Rolle einnimmt.
Daher kommt der EU eine besondere Verantwortung bei der Lösung der Klimakrise
zu.
Jugendarbeit in der Krise:
Wir leben in einer Zeit multipler Krisen. Die Corona-Pandemie hat das Leben
vieler junger Menschen einschneidend belastet, Unsicherheiten aufgrund von
Kriegen und Konflikten nehmen zu und auch die Klimakrise ist ein drängendes
Problem unserer Zeit. Jugend(verbands)arbeit leistet in dieser Zeit viel, um
jungen Menschen Perspektiven aufzuzeigen und ihnen Halt zu geben. Sie muss
finanziell gut ausgestattet werden, um den vielfältigen Herausforderungen
gerecht werden zu können. Der europäischen Ebene kommt dabei eine besondere
Bedeutung zu.
Das Jugendhilfesystem ist überlastet. Psychische Krisen bei jungen Menschen
durch die Corona-Pandemie oder die Beratung und Betreuung unbegleiteter junger
Geflüchteter dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Verteilungskämpfe
sind jedoch an der Tagesordnung. Das System muss finanziell besser ausgestattet
werden, damit die Jugendhilfe allen jungen Menschen gerecht werden kann.
Frieden in Europa:
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist eine tiefe Zäsur in Europa.
Besonders junge Menschen sind von den kriegerischen Handlungen betroffen. Sie
verlieren Familie, Freund*innen, Bildungsmöglichkeiten und müssen ihre Heimat
verlassen. Sie brauchen Perspektiven, in den Ländern, in die sie geflohen sind,
aber auch Rückkehrperspektiven. Die Europäische Union muss sich weiterhin
solidarisch mit der Ukraine zeigen und sich für eine Beendigung des Krieges
einsetzen. Wir fordern daher von den künftigen Abgeordneten des EP, die Ukraine
in ihrer Souveränität zu unterstützen, das Völkerrecht weiterzuentwickeln, sich
für Frieden, Gerechtigkeit und bessere Zukunftsperspektiven einzusetzen.
Europäische Gemeinschaft fördern!
Jugendverbände sind Orte der Vielfalt. Um Praktiken auszutauschen, gemeinsam
Herausforderungen anzugehen und diese Vielfalt zu stärken, sind europaweite
Zusammenarbeit und die Vernetzung von jungen Menschen innerhalb Europas
entscheidend. Wir fordern daher von den zukünftigen Abgeordneten des EP, dass
sie sich für Programme und Initiativen einsetzen, die den Austausch und die
Zusammenarbeit von Jugendverbänden und -initiativen auf europäischer Ebene
verlässlich fördern.
Programme wie Erasmus und Erasmus+ sind gelungene Beispiele für die Stärkung der
europäischen Gemeinschaft und sollten auch zukünftig intensiv gefördert werden.
Initiativen wie DiscoverEU, die 18-jährigen Menschen kostenlose Interrailtickets
zur Verfügung stellen, sind ein guter Ansatz, jedoch nicht barrierearm und somit
nicht für alle jungen Menschen nutzbar. Die Förderung von internationalen
Jugendbegegnungen muss auskömmlich gestaltet und in ihrer Bürokratie vereinfacht
werden. Auch hier müssen Barrieren abgebaut werden, damit alle jungen Menschen
von internationalen Erfahrungen und Begegnungen profitieren können.
Wir verurteilen das menschenverachtende Vorgehen an den europäischen
Außengrenzen. Die Aufnahme von Geflüchteten darf nicht als Druckmittel einzelner
Staaten gegen die europäische Gemeinschaft genutzt werden. Seenotrettung darf
nicht kriminalisiert werden. Wir fordern die künftigen Abgeordneten des EP dazu
auf, alle rechtlichen Verpflichtungen zu benutzen, um die humanitäre Katastrophe
an den europäischen Außengrenzen sowie in deren Lagern für Geflüchtete umgehend
zu beenden.
[1] DBJR: „Forderungen des Bundesjugendrings zur Europawahl 2024“, S. 2:
https://www.dbjr.de/fileadmin/Positionen/2023/Forderungen-des-Bundesjugendrings-
zur-Europawahl-2024.pdf
[2] DBJR: „Forderungen des Bundesjugendrings zur Europawahl 2024“, S. 2:
https://www.dbjr.de/fileadmin/Positionen/2023/Forderungen-des-Bundesjugendrings-
zur-Europawahl-2024.pdf
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