A1: Jugendarbeit und Krisen
Antragstext
Die Gesellschaft erfährt gerade eine Zeit, die von diversen Krisen geprägt ist.
Aktuell treten dabei besonders die Corona-Pandemie, die Energiekrise und der
anhaltende Fachkräftemangel hervor, aber auch fortwährende und in ihren
Auswirkungen schwer zu greifende Krisen (z.B. Klimakrise, demographischer Wandel
oder Radikalisierung von demokratischer Debattenkultur) beeinflussen die
Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen stark. Die Corona-Pandemie hat
dabei bereits deutlich aufgezeigt, wie schnell es passieren kann, dass die
Interessen junger Menschen hinter anderen zurückgestellt werden. Das Vorgehen in
der Energiekrise und die Bekämpfung der Klimakrise verdeutlichen diese
Erkenntnis zudem. Unter den Gesichtspunkten von immer wieder auftretenden
gesellschaftlichen Krisen, die sowohl punktuell als auch anhaltend verlaufen,
fordern wir als Landesjugendring eine stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse
von jungen Menschen.
Durch die Dauerpräsenz von Krisen verspüren insbesondere Jugendliche eine
erhöhte Belastung. Sie fühlen sich in ihren Handlungsrahmen machtlos und sind
mit Zukunftsängsten konfrontiert. Um gesund mit dieser Belastung umgehen zu
können, sind junge Menschen mehr denn je auf ein soziales Umfeld angewiesen,
welches ihnen Rückhalt und Gemeinschaft gibt. In diesem Umfeld können sie sich
entwickeln und ihre Persönlichkeit entfalten. Die Kinder- und Jugendarbeit ist
dabei ein unverzichtbarer Bestandteil des sozialen Umfeldes. Sie unterstützt
junge Menschen bei ihrer Verselbstständigung und Selbstpositionierung, aber
bietet auch Qualifizierung für die gesellschaftlichen Aufgaben, denen sie
gerecht werden sollen. Eine Stärkung der Kinder- und Jugendarbeit ist deshalb
nötig. Diese muss agiler auf die Herausforderungen der Krisen reagieren können,
um ihre Angebote aufrecht zu erhalten und in der Lebensphase Jugend
unterstützend aktiv zu sein.
Förderung der Jugendarbeit stärken
Die anstehende Novellierung des Jugendförderungsgesetzes bietet für junge
Menschen, die Kinder- und Jugendarbeit und insbesondere für die
Jugendverbandsarbeit eine große Chance. Mit den Erfahrungen der vergangenen
Krisen lässt sich nun eine Förderstruktur verfassen, die den Herausforderungen
der Gegenwart und Zukunft gewachsen ist. Eine Verschlechterung der
Rahmenbedingungen für die Jugendverbandsarbeit wäre in diesem Zuge ebenso
unangebracht wie eine Aufweichung des Subsidiaritätsprinzips. Dies bedeutet in
erster Linie, dass für die Jugendverbände in Niedersachsen eine Förderung
entsteht, welche nachhaltig Strukturen sichert und Maßnahmen planbar macht.
Zudem dürfen im Sinne der bisherigen Förderstruktur die kommunalen Ebenen nicht
von ihrer Verantwortung befreit werden und eine Landesförderung die kommunale
Förderung ersetzen.
Derzeit stellen Bildungsmaßnahmen die Grundlage für eine jugendverbandliche
Förderung durch das Land Niedersachsen dar. Der Ausfall vieler Maßnahmen durch
die Corona-bedingten Einschränkungen hat aufgezeigt, dass Faktoren außerhalb des
Einflussrahmens der Akteure in der Jugendarbeit tief in diese Grundlage
eingreifen können. Die ergriffenen Maßnahmen seitens der Jugendverbände und der
Landesverwaltung haben allerdings aufgezeigt, dass, durch entschlossenes und
abgestimmtes Handeln, angemessen reagiert werden kann. In eine Novelle des
Jugendförderungsgesetzes sollten diese Erkenntnisse einfließen. Daher sind neben
den neu förderfähigen digitalen Möglichkeiten auch die Flexibilisierung der
verfügbaren Zuschüsse aufzunehmen. Der Landesjugendring fordert deshalb eine
Grundausstattung für die Jugendverbände, welche sich aus den durchgeführten
Bildungsmaßnahmen ergibt. Diese Art der Förderung würde durch die Auflösung der
Trennung zwischen Sach- und Personalkosten an Flexibilität gewinnen. Nachhaltig
planbarer Personaleinsatz und kurzfristiges Umverteilen von Zuschüssen
ermöglichen Handlungsfähigkeit in Krisenzeiten. Der bestehende Fachkräftemangel
sowie steigende Preise einer Energiekrise sind dann ebenso agiler zu bewältigen
wie Schwerpunktthemensetzung für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den
Krisen der Zeit.
Freizeitmaßnahmen – aktiv und aktivierend
Ein großer Kontaktpunkt junger Menschen mit Kinder- und Jugendarbeit ist
meistens die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsaktivitäten. Neben dem
Aufsuchen von Jugendräumen und dem Einbringen in Gruppenstunden sind
Freizeitmaßnahmen, wie Zeltlager oder Wochenendfahrten, hier die bedeutendsten
Angebote der Kinder- und Jugendarbeit. Für die Jugendverbandsarbeit, aber auch
die kommunale Jugendpflege, stellen Freizeitmaßnahmen nicht nur ein soziales
Umfeld, welches für junge Menschen geschaffen wird, dar, sie sind auch das
wichtigste Mittel, um Jugendliche an die eigenen Strukturen stärker zu binden
und sie selbst als spätere Jugendgruppenleiter*innen zu gewinnen. Der
coronabedingte Ausfall vieler solcher Angebote in den vorangegangenen Jahren hat
dies eindrücklich aufgezeigt. Durch die fehlende Teilnahme von Jugendlichen an
Freizeiten entfielen Begegnungsräume und damit einhergehende Erfahrungen blieben
schlichtweg aus. Fehlende Begegnungsräume wirken sich negativ auf das soziale
Umfeld aus und sind besonders belastend für junge Menschen. Für eine gesunde
Entwicklung sind sie auf die Einflüsse ihres Umfelds angewiesen. Diese jungen
Menschen konnten aber auch entsprechend weniger gut an die Strukturen der
Kinder- und Jugendarbeit angebunden werden und somit nur bedingt als
Jugendgruppenleiter*innen gewonnen werden. Besonders sichtbar wird dieser Effekt
durch die Abnahme von Juleica-Inhaber*innen innerhalb der Jugendverbände und die
Zunahme psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen.
Ohne geschulte Jugendgruppenleiter*innen sind Angebote der Jugendarbeit überall
gefährdet. Hinzukommen, krisenbedingt, erhöhte Planungsrisiken und steigende
Kosten der Aktivitäten. Dies reduziert zusätzlich die nachhaltige und
vielfältige Angebotslandschaft in der Kinder- und Jugendarbeit. Um dieser
Entwicklung entschlossen entgegenzuwirken, fordern wir als Landesjugendring eine
zusätzliche Förderung von Freizeit- und Erholungsmaßnahmen. Allein die
Mitgliedsverbände im Landesjugendring benötigen für 2023 einen zusätzlichen
Zuschuss in Höhe von 1,5 Millionen Euro, um die Kosten nicht durch unzumutbare
Teilnahmebeiträge an die Familien weiterreichen zu müssen.
Beteiligung junger Menschen
Damit bei der Bewältigung anhaltender und zukünftiger Krisen nicht erneut die
Interessen junger Menschen hintenanstehen müssen, ist eine zeitgemäße
Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen erforderlich. Diese
Beteiligung kann nur funktionieren, wenn sie sich an den Bedürfnissen der
Zielgruppen orientiert und entsprechend Qualitätsstandards für Kinder- und
Jugendbeteiligung berücksichtigt. Eine niedersächsische Strategie für
Jugendbeteiligung ist notwendig, um jungen Menschen nachhaltig und gelingend
Gehör auf Landesebene zu verschaffen.
Begründung
Jugendarbeit stellt eine wichtige Stütze in der Bewältigung von Krisen dar. Die zunehmende Gegenwart von Krisen im Alltag junger Menschen erfordert eine starke Jugendarbeit, die auch selbst krisenfest aufgestellt ist. Durch gute Ausgangsbedingungen für die niedersächsische Jugendverbandsarbeit werden wir auch zukünftig diese Stütze in der Lebensphase Jugend sein können.
Unterstützer*innen
Zustimmung
Änderungsanträge
- Ä1 (aejn-Delegation, Angenommen)
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